Wednesday, October 11, 2006

Globalisierungsbericht III
Der Versuch einer Konzeption
Es gibt in unserem Leben Tage, an denen scheinen die morgendlichen Stunden am Abend so weit entfernt und entfremdet, als waeren die Geschehnisse vor geraumer Zeit passiert. An diesen Tagen rollt eine so immens grosse Flut an Informationen und Emotionen ueber uns, dass es mir wirklich schwer faellt dies alles zu verarbeiten.
Ich versuche dann in den darauf folgenden Tagen meine Gedanken zu ordnen, einen Schritt zurueck zu treten um das zuvor Erlebte aus der Distanz neu zu betrachten. Ich versuche die Sichtweisen zu hinterfragen und was haeufig noch schwieriger ist, sie zu verstehen. Die Wiedergabe meines Erlebten in diesem Blog hilft mir, eine Struktur in die Wirren zu bringen die uns hier begegnen. Es schafft eine gewisse Ordnung an der ich mich festhalten kann.
Die Fragen die in meinen Kopf die letzten Tage auftauchen sind hauptsaechlich: Wo stehe ich? Welche Position vertrete ich? Wer ist boese, wer ist gut bzw. gibt es diese Positionen ueberhaupt bei unserer Problematik? Wir sind mittlerweile in unserem Projekt an dem Punkt angelangt, an dem wir versuchen die einzelnen betroffenen Gruppen (fachlich: Stakeholder genannt) zu treffen, mit ihnen zu reden um uns ihre Sicht der Dinge anzuhoeren. Unsere Vorgabe fuer den Film lautet in erste Linie: Objektivitaet. Doch ich merke immer mehr das dieses Ziel hoch gesteckt und aeussert schwer zu erreichen ist. Man wird hin und her gerissen von den Sichtweisen der einzelnen Interessensgruppen, von Ihren Standpunkten und Argumentationen. Ich frage mich, wieviel ist davon jeweils vertretbar und was sind ueberzogene Bedingungen?
Ich sehe unsere NGO mit der wir hier vor Ort zusammen arbeiten, deren Kontakte wir nutzen und die uns hilfreich bei unserer Arbeit zur Seite steht. Wenn wir nicht draussen sind und filmen, arbeiten wir im Buero. Dann unterhalten wir uns mit den Mitarbeitern und ich bekomme folgendes Bild: Die Minenunternehmen sind grundsaetzlich schlecht. Die NGO hat nichts gegen Minenaktivitaeten, jedoch nicht ohne die soziale Verantwortung fuer die betroffenen Menschen zu übernehmen. Es ist die Aufgabe der Minenfirmen sich umfassend um die Menschen zu kuemmern, ihnen Jobs zu geben und ihr Leben auf ein hoeheres Entwiclungsniveau zu bringen. Die Klage richtet sich an die multinationalen Konzerne, mit denen sie aufgrund des immensen Interessenkonflikts nur spaerlich kommunizieren.
Aber was sagen die Konzerne? Nach einem Besuch auf dem Gelaende einer der groessten Minenfirmen hier in der Gegend konnten wir uns ein Bild von ihrer Seite machen. Wir bekamen eine Tour ueber das Gelaende sowie ein Interview mit Frau J.M., der Community Relations Beauftragten der Firma. Sie ist Anfang 30 und kommt aus England. Sie hat Geografie und Landschaftsplanung studiert und schreibt nun neben ihrem 6-Tages-Job noch ihre Doktorarbeit an der University of London. Sie sieht sympatisch aus, ist nicht extra vagant gekleidet oder ueberheblich. Ihre Boots vermitteln vielmehr den Eindruck, dass sie sich gerade auf den Sprung in die Communities befindet, an die Brennpunkte, da wo es Probleme gibt. Wir finden jedoch heraus das dies nicht der Fall ist. Frau J.M. besucht generell keine Communities, im Grunde genommen besucht kein Expat (Expatriats - ausländische Mitarbeiter) eine Community, denn dafuer gibt es eigene ghanaische Angestellte, die ebenfalla aus Doerfern kommen und eine bessere Basis fuer die Klaerung der Probleme mitbringen. Sie erklaert uns die "There is no problem"-Theorie des Unternehmens. Nach direkten Nachfragen und dem Bezug auf spezifische Problematiken, wie der Wasserversorgung in Communities wie Chujah (welche wir die Woche zuvor fuer drei Tage besucht haben und diese auf dem Konzessionsgelaende von der Minenfirma liegt), gesteht Frau J.M. doch ein das nicht alles was glaenzt Gold ist. Ja, es gebe Probleme mit dem Grundwasser, doch die Firma hat bereits neue moderne Filteranlagen gekauft und es gibt auch ein neues System um das Problem des zu hohen Eisengehaltes zu loesen. Was passiert jedoch in der Zwischenzeit? Chujah ist von Wasserlieferungen der Firma abhaenig, doch diese bleiben haeufig aus und die Bewohner stehen ohne Trinkwasser da und muessen auf das verschmutzte Wasser zurueck greifen? Dieses Problem scheint ihr neu. Davon hat sie noch nichts gehoert und der zustaendige ghanaische Community Beauftragte konnte auch keine Beschwerde bei seinen woechentlichen Konsultationen feststellen. Sie sieht das Problem des Wasser als akut an und setzt es ganz oben auf ihre Prioritaetenliste. Das Problem ist ihr sogar so wichtig, das Vivian und ich zusammen mit zwei Angestellten der Firma ins Auto steigen und in die Community fahren. Wir stehen da, mit den Dorfbewohnern und den Abgeordneten des multinationalen Konzerns und erlaeutern die Problematik der Wasserslieferungen. Ploetzlich ist es jedoch nicht mehr das verschmutzte Trinkwasser, welches die Dorfbewohner trinken, sondern das Wasser einer anderen Community welches sie ueber ein paar Kilometer zu sich ins Dorf transportieren.
Ich werde stutzig. Also trinken die Menschen doch kein verschmutztes Wasser, sondern haben die Problematik des Transportes. Vor einer Woche als wir das Dorf besuchten, hoerte sich das noch alles anders an. Ich hatte das Gefuehl die Situation war schlimmer und viel auswegsloser. Doch auf dieses Gefuehl komme ich spaeter noch einmal zu sprechen.
Die Community und die Firmenbeauftragten einigen sich. Die beiden Vertreter geben zu das sie ein Problem mit ihrem Tanklastwagen haben. Er fasst nicht genug Wasser und er ist haeufig kaputt. Die Loesung ist ein zweiter Polytank, den die Firma bereit stellen will. Wir haben die Situation und die Gespraeche gefilmt. Gluecklich und zugleich verwirrt fahren wir nach Hause. Was am Ende dieses Tages haengen bleibt, sind einige der letzten Worte unseres Gespraeches mit Frau J.M.. Die Firma ist in erster Linie ein Unternehmen, was darauf angewiesen ist Gewinne zu erwirtschaften. Sie sind hier um Gold abzubauen. Sie zahlen den von ihnen geforderten Preis an die Regierung und an die Communities direkt. Sie zahlen mehr Kompensationen als sie eigentlich muessten und tun auch sonst viel fuer ihre Umgebeung. Sie versteht nicht warum die Firma in so einem schlechten Licht dargestellt wird, denn im Grunde genommen leisten sie ihre Pflicht der corporate responsibility, in dem (immerhin) 0,1% der Gewinne an die betroffenen Communities gehen.
Ich wandere gedanklich noch einmal durch die riesigen Abräumhalden, durch die zerstoerte Umwelt, schaue auf die Monokulturen die uns als Rehabilitationsflaechen angepriesen wurden. Ich denke aber auch zurueck an meine ersten Stunden in der Universitaet, an die Einfuehrung in die Betriebswirtschaftslehre. Hat da nicht einmal ein Professor behauptet, dass die Gewinnerzielung das oberste Ziel eines Unternehmens darstellt und dies auch so sein müsste? Was ist also falsch an dem multinationalen Konzern? Er ist hier um Gewinne zu erwirtschaften, er erfuellt seine gesetzlichen Pflichten, bezahlt seine Rechnungen an den Staat und die von ihm verlangten Gelder an die Communities. Dann springen jedoch meine Gedanken zurueck in das Dorf Chujah. Ich sehe die schlechten Lebensbedingungen und die nicht stattgefundene Entwicklung seid Beginn des grossflaechigen Goldabbaus zu Beginn der 1980ziger Jahre. Schenke ich der Stimme der Community Relations Beauftragten glauben, so wird sich die Zukunft fuer alle positiv entwickeln, es wir keine Probleme geben und jeder wird von der Anwesenheit der Firma profitieren.
Mein Bild ist verzerrt und ich suche nach einem Schuldigen.
Wir befinden uns auf dem Konzessionsgelaende einer anderen grossen Minenfirma. Dieses Mal sind wir nicht offiziell von der Firma eingeladen, sondern vielmehr von ihren "Ruhestoerern" und "Troublemaker". Wir sind unterwegs mit Galamsey's, illagale Goldschuerfer, die auf den Konzessionsgelaenden ihren Lebensunterhalt verdienen. Die Taetigkeit hat Tradition. Schon im 14. Jhd. wurde hier nach Gold gesucht und abgebaut. Diese Art der Einkommenserzielung ist ein wichtiger Bestandteil fuer viele Haushalte in dieser Region. Im Zuge der grossen Minenfirmen, der Erteilung von Minenkonzessionen und dem Verkauf ihres Landes an diese Firma hat sich das Bild jedoch veraendert. Die multinationalen Konzerne sind im Besitz der Abbaurechte, des Landes und der Plantagen die sich auf diesem Land befinden. Sie haben sich nach geltenden ghanaischen Recht diese Basis geschaffen. Die Bevoelkerung hatte damals eine schwache Position in den Verwandlungen, sie wurde nicht geschuetzt durch den Staat, so dass viele Menschen aufgrund von Unwissenheit und Glaube an das Gute ihr Land und ihre Basis verloren haben. Nicht nur das Ackerland fuer die Landwirtschaft ging verloren, sondern auch die Gebiete fuer ihren zweiten Einkommenszweig, der Goldgewinnung. Es gibt nicht genuegend Arbeit fuer alle betroffenen Dorfbewohner in den einzelnen Minenfirmen, was auf den schlechten Bildungsstand der Dorfbewohner und der Untaetigkeit der Unternehmen zurueck zu fuehren ist. Doch um Cassava anzubauen und Holzkohle herzustellen braucht man keinen universitaeren Abschluss. Der Nachteil ist jedoch, dass die beiden landwirtschaftlichen Produkte nicht genuegend Geld einbringen um die Schulgebuehren fuer die Kinder zu bezahlen, welche der Staat hier verlangt. Bildung ist der Anfang vom Ende der Armut, doch eine bessere Zukunft fuer die eigenen Kinder ist leider nicht umsonst in Ghana. Die Ausweglosigkeit bringt viele ehemalige Goldschuerfer zurueck auf ihr ehemaliges Gelaende und zwingt sie zum weiterschuerfen. Diesmal ohne Erlaubnis und Genehmigung durch den Staat oder der Minenfirma. Das Einkommen fuer taegliche 10 schwere Stunden Arbeit liegt bei ca. 3 Euro pro Mann und Tag fuer die Suche nach Gold, und bei 2,5 Euro fuer die Frauen auf der Suche nach Diamanten. Es ist nicht viel, aber es sichert den Lebensunterhalt und die Zukunft. Die Maenner traeumen von Europa und Deutschland. Sie wissen von Freunden die es als ghanaische Taxifahrer zu einem gehobenen Lebensstandard in unserer Welt gebracht haben. Sie traeumen davon eines Tages nach Deutschland zu kommen und sehen in dem weissen Mann mit der Kamera ihr Glueck. Sie erklaeren uns ihre ausweglose Situation, berichten von den boesen Minenfirmen und den Ungerechtigkeiten die ihnen zu teil wurden. Sie fragen nach unseren Adressen und nach Moeglichkeiten unser Land zu besuchen. Wir sitzen daneben und versuchen das Bild von Deutschland in ein objektives Licht zu ruecken. Die Menschen hoeren uns aufgeregt zu, doch am Ende traeumen sie weiter von einer besseren Zukunft in einem fernen europaeischen Land.
Ihre Art des Goldabbaus fuehrt zu erheblichen Umweltverschmutzungen und gesundheitlichen Problemen. Der Gebrauch von gefaehrlichen Chemikalien durch "small scale miner" fuehrt zu groesseren Umweltproblemen als die "big scale Mining"-Unternehmen verursachen. Es kommt immer wieder zu Konflikten zwischen diesen beiden Interessensgruppen, die sich verbal in Demonstrationen (mit gelegentlichen Schusswaffengebrauch von Seiten der Minenfirmen) aeussern und in grossflaechigen Raeumungen der Minengelaende. Die eine Partei hat rechtmaessig Eigentum erworben und beansprucht dies ausschliesslich fuer sich. Die Andere hat auf tragische Art und Weise ihr Eigentum und Basis verloren, hat kein starkes Sprachrohr und sieht sich von den Minenfirmen als ungerecht behandelt und selber im Recht.
Wer ist hier der Schuldige? Wer ist im Recht und wer im Unrecht? Wie kann solch eine Situation geloest werden?
Wir fragen nach. Wir fahren nach Accra und versuchen mit den zuständigen Behörden zu sprechen. Unser erster Termin führt uns zur Chamber of Mines, der privaten Lobby der Minenunternehmen. In der Oeffentlichkeit bekommt man schnell den Eindruck es handelt sich um eine staatliche Institution, doch sie ist privatrechtlich, was nicht viele wissen. Wir haben ein Termin bei dem Officer für Finance and Planing. Unsere Interviewanfrage ist jedoch auf mysteriöse Weise nicht bis zu ihm vorgedrungen, so dass er verwundert schaut als wir rein rhetorisch noch einmal nach der Erlaubnis zum Aufbau unserer Kamera fragen. Er hätte nichts gegen ein Interview, doch hätte er es vorher wisse müssen und dies auch mit seiner Chefin absprechen sollen. Er führe jedoch sehr gern informelle Gespräche mit Ausländern erzählt er uns und fängt an:
Ghana ist eines der rohstoffreichsten Länder Westafrikas, was viel Entwicklungspotenzial für das Land bietet. Dieses muss genutzt werden, doch dafür ist ein gutes Investitionsklima notwendig, was wiederum die Aufgabe des Staates ist. Er muss für die Anreize sorgen die ausländische Investoren anlocken, um Ghana auf ein höheres Entwicklungsniveau zu heben. Dies bedeutet insbesondere das er investitionsfreundliche Gestzte zu erlassen hat, die Enteignung und Kompensation der Laendereien zu uebernehmen und dafuer zu sorgen hat, dass die Produktion der multinationalen Konzerne nicht gestoert wird (wie z.B. durch die Galamsey's). Die Aufgabe der Mitglieder seiner Kammer ist es dann, mit der neusten Technologie in das Land zu kommen und Gewinne zu erwirtschaften. Aufgrund der Zahlung von Steuern, Royalties, und Dividenden partizipieren der Staat und insbesondere die Menschen in Ghana von den Investitionsvorhaben.
Herr K. bringt seinen Standpunkt sehr klar und bildlich rueber. Er zeichnet uns bluehende Landschaften und prophezeit uns rosige Zeiten. Er praesentiert Zahlen in seinem Computer, die von einer hohen Corporate Responsibility seiner Mitglieder sprechen sollen. Ich blaettere der weilen ein paar Jahre in meinem geistigen Kalender zurueck und entsinne mich an das Jahr 1983, in dem die Strukturanpassungsprogramme (SAP) der Weltbank und des IWFs in Ghana Einzug gehalten haben. Sie hatten die Liberalisierung der Maerkte in den Entwicklungslaendern zur Aufgabe und fuehrten in Ghana u.a. zum Beginn der Investitionstaetigkeiten von internationalen Minenunternehmen. Mittlerweile sind 23 Jahre vergangen und wenn ich durch das Land reise, so kann ich beim besten Willen keine bluehenden Landschaften entdecken.
Wenn man dem statistischen Jahrbuch glauben schenkt, so nahm Gold im Jahre 2003 mit einem Anteil von 30% am gesamten ghanaischen Export eine bestimmende Rolle ein. Alle Minenaktivitaeten zusammen genommen kamen sogar auf einen Anteil von 60%. Der Anteil von Gold wiederum am BIP (Bruttoinlandsprodukt) betrug jedoch lediglich 5%, was einen stutzig werden laesst. Auch wenn man nicht Oekonomie studiert, laesst sich doch hier eine klare Divergenz erkennen. Der Goldexport spielt fuer Ghana eine sehr grosse Rolle und sollte eigentlich eine Menge Devisen einbringen. Der eigentliche Anteil jedoch, sprich das Einkommen was im Land entsteht, ist so gering (5%) das es im klaren Widerspruch zur Hoehe des Exports (30%) steht. Die Gewinne bleiben nicht im Land, sondern verschwinden in dubiose Offshore Finanzplaetze. Das Fachwort fuer dieses Phaenomen lautet ueberings: resource curse [51 der 56 rohstoffreichsten Laender unserer Erde sind zugleich auch die aermsten Laender dieser Welt. „Arm", im Sinne der UN-Richtlinie, welche Menschen beruecksichtigt die mit weniger als zwei Dollar pro Tag ihren Lebensunterhalt bestreiten muessen.]
Dies ist jedoch noch nicht alles: Wenn Laender wie Ghana ueberdurchschnittlich stark von ihren Rohstoffertraegen abhaengen (60%; finanziell gesprochen), so geht fuer das Land eine extrem hohe Gefahr von moeglichen Rohstoffpreisschwankungen aus. Der Goldpreis befindet sich momentan auf einem sehr hohen Niveau, doch kann mit einem Blick in die Daten nicht von einem immer wehrenden Goldpreisanstieg ausgegangen werden. Der Preis schwankt und die Hoehe der Schwankungen ist nicht ganz unbetraechtlich. Sollte es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung in den Industrielaendern in den naechsten Jahren kommen, so muss davon ausgegangen werden, dass so manche Reserven die vorruebergehend in Gold gehalten wurden wieder verkauft und auf dem Aktienmarkt investiert werden. Dadurch wird mit einem fallenden Goldpreis zu rechnen sein und somit auch zu geringeren Einnahmen fuer Laender wie Ghana. Im Nachbarstaat, der Elfenbeinkueste, fuehrte dieses Problem aufgrund des Preisverfalls bei Kakao unter anderem zu einem Buergerkrieg und katapultierte das Land aus oekonomischer Sicht hinter Ghana (was zuvor nicht der Fall war).
Ich frage mich, kann ich Herrn K. fuer seine Sichtweise Vorwuerfe machen? Ghana ist offiziell eine Demokratie und er vertritt eine bestimmte Interessensgruppe, eine Lobby, die ihre eigenen Ziele verfolgen moechte. Auch die Tatsache das die Chefin der Chamber of Mines die fruehere Ministerin im Department of Mines war ist nicht verwunderlich. Solche Gegebenheiten lassen sich auch bei uns finden, man erinnere sich nur einmal kurz an die derzeitige Taetigkeit unseres vorherigen Bundeskanzlers.
Wohin wir uns auch drehen und je weiter wir uns mit dem Thema beschaeftigen, desto klarer wird die Frage nach der Rolle des Staates in einer Demokratie. Der Praesident des Landes Ghana hat laut Gesetz (Minerals Act. 703) das Eigentum an allen Mineralien und Rohstoffen inne und diese im Interesse und zum Wohle des Volkes zu verwalten. Doch wie weit ist es mit dem Wohle des Volkes bestellt, wenn seid ca. 23 Jahren in Ghana im grossen Stil Gold abgebaut wird und die Menschen nur einen geringen Fortschritt verspuehren?
Wir wollen uns auch diese Meinung einholen und werden mit grossen Erwartungen bei der Minerals Commission in Accra vorstellig. Die Institution ist Teil des Department of Mines und hauptsächlich mit der Vergabe von Minenkonzessionen und Registrierungen beschäftigt. Leider erleben wir jedoch eine schnelle Ernuechterung. Waehrend wir das Vergnuegen haben auf schlafende Beamte in ihren Sesseln schauen zu duerfen, erklaert uns die freundliche Sekretaerin das ihre Institution hier Business macht und sich der zustaendige Mitarbeiter fuer unser Anliegen gerade in einer mehrstuendigen Mittagspause befindet.
Wir ziehen veraergert und mit fragender Mine ab, aber mit dem sicheren Gefuehl im Bauch das wir hier richtig sind und so schnell nicht aufgeben werden. Immerhin haben wir noch gute Kontakte in die deutsche Botschaft und die werden wir nun anzapfen!
Ohne die Seite des Staates gehoert zu haben, bleiben bei mir eine Menge Frage offen.
Das Land ist reich an Rohstoffen und alle, damit meine ich die Menschen, den Staat und die Firmen wollen davon profitieren. Der Staat, so scheint es mir momentan, will, kann oder moechte keine geeignete Rechtsstruktur schaffen, so dass alle gleichermassen an den Investitionen partizipieren. Daraus folgt die einfache Frage: Warum ist dies so? Was waere Ghana z.B. ohne bzw. mit geringen Minenaktivitaeten? Welche anderen Einkommensquellen lassen sich noch auftun und wie koennte man ghanaische Unternehmen und Entrepreneurs foerdern? In Ghana gibt es so gut wie keinen privaten mittelstaendischen Sektor (wenn man die Haendler auf den Strassen nicht miteinbezieht). Der ghanaische Arbeiter ist zumeist auf dem Feld (es gibt keine private landwirtschaftliche Betriebsstuktur wie bei uns), in einem Grossunternehmen oder auch sehr gern beim Vater Staat beschaeftigt.
Vielleicht liegt es ja „lediglich" an der Korruption in diesem Land? Wenn dies der Fall ist, welcher Weg ist dann einzuschlagen? Sollte man von Dritter Seite aus versuchen dem Staatsapparat mit (politischer) Gewalt eine Good Governance Reform aufzwingen oder fuehrt dieser Weg nur zur vermehrter Korruption? Oder ist ein Wandel nur auf dem „grass-root"-Level, sprich von unten, vom Volke aus zu erreichen? So muesste man in diesem Fall die Arbeit von WACAM unterstuetzen sowie die Bildung neuer NGOs und Interessensgruppen foerdern.
Ich habe das Gefuehl ich bin hier mit der Realitaet konfrontiert, welche sich sonst nur als Theorie in Lehrbuechern finden laesst. Leider habe ich noch an keiner Vorlesung zu Entwicklungsoekonomie bzw. Entwicklungspolitik teilgenommen, doch vielleicht hat ja der eine oder andere von Euch gute (Buch)tipps und Ideen zu der Thematik, denn ich merke das ich die Zusammenhaenge und Geschehnisse noch besser verstehen moechte.

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