Wednesday, November 01, 2006

Globalisierungsbericht IV

Aufgabenverteilung und Resumee

Das Ende naht mit grossen Schritten. Aufrgund von nunmehr 2,5 Monaten in Ghana und der täglichen Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Goldtagebaus, haben wir uns ein wenig Transparenz und Verständnis für die Thematik erarbeitet. Ich kann jedoch nicht behaupten das ich alle Details kenne, geschweige denn sicher sein ob das was wir in Erfahrung bringen konnten auch alles 100%tig richtig ist. Immer wieder erleben wir Überaschungen, werden unsere Ansichten umgeworfen, uns Gegenteiliges berichtet und kleine Teile unseres Bildes zerstört. Ich denke man muss bei solch einem Projekt bereit sein immer wieder das Puzzel neu zusammen zulegen, ewige Gespräche zu führen und versuchen nicht müde zu werden und aufzugeben.

Was letzteres betrifft so muss ich vielleicht ehrlich zugeben das ich etwas müde bin. Ein Motivationsloch beschleicht mich um auch an den nächsten Ort zu fahren, die nächsten Meinungen einzuholen und zu versuchen sie in unser kleines Bild zu integrieren. Die Zusammenhänge sind komplex und nicht einfach zu vestehen. Ich behaupte, dass jeder der von dieser Problematik umfassend berichten möchte und gleichzeitig den Anspruch erhebt objektiv sein zu wollen, anstatt als Sprachrohr anderer zu dienen, dass derjenige es reichlich schwer haben wird.
Wer aber schafft es dann angesichts solcher Verstrickungen noch ein objektives Bild zu zeichnen? Wer kann dies alles aufschlüsseln und versuchen die Knoten zu lösen?

Ich frage mich ob diese Aufgabe zum Teil dem Jounalismus zu kommt?

Vielleicht. Schlage ich eine gängige ghanaischen Tageszeitung auf, so finde ich Artikel mit unzähligen Zitaten und Ausführungen anderer. Man hat das Gefühl einem Konglomerat an Statements und Ansichten gegenüber zustehen. Es sind Puzzelteile, die sofern ich gewillt bin mir selber zusammen legen kann, um mir ein Bild des Gegenstandes zu machen. Das klingt sicherlich in erster Linie sehr objektiv und führt dazu das keine vorgefertigten Meinungen entstehen, doch wer klagt dann einfach mal an! Wer erhebt die Stimmer der Opposition um die Geschehnisse und Tätigkeiten in ein diverenziertes Licht zu rücken? Sicherlich findet man auch solche Zeitungsartikel, doch diese sind dann entweder von einem grossen britischen Medienunternehmen geklaut oder nur spärlich zu finden. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage ob eine Journalist in Ghana diese Ansprüche erfüllen kann. Ein Freund von uns, er schreibt für eine der grossen Tageszeitungen, ist für die komplette Western Region zuständig. Er muss alles abdecken, was er und seine Redaktion für wichtig erachten. Wie viel Zeit bleibt ihm um die wirklichen Geschehnisse und Verstrickungen zu hinterfragen, sprich investigativ tätig zu sein? Wie soll er sich ein Bild machen wenn ihm nicht die Zeit und vermutlich auch nicht die Ressourcen dafür in Aussicht gestellt werden. Was übrig bleibt sind zum grössten Teil Artikel welche zusammenfassen, anstatt aufzuklären und zu hinterfragen. Ich bin kein Journalist, doch ich denke diese Gegebenheiten tragen nicht positiv zur politischen Bildung der Menschen in diesem Land bei. Eine Bildung die meines Erachtens wichtig ist, aus der vielleicht eines Tages jemand entspringen kann, um die Entwicklung seines Land nicht nur für die eigene Tasche voran zu treiben, sondern auch für die Menschen, auf deren Rücken (bzw. hier sind es die Köpfe) die Arbeit lastet.

Aber vielleicht ist es ja auch die Aufgabe der internationalen Organisationen und Programme, die für Transparenz und Entwicklung sorgen sollen?

Gleich am Anfang unserer Arbeit hier vor Ort sind wir auf eine Initiative gestossen, welche für mehr Transparenz bei den staatlichen Einnahmen aus der Rohstoffindustrie sorgen soll. EITI, Extractiv Industrie Transparency Initiative, vorgeschlagen 2002 von Tony Blair auf dem Kongress für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg, Südafrika.
Im letzten Jahr hat die Regierung Ghanas die Implementierung dieser Initiative im Rofstoffsektor des eigenen Landes beschlossen. Anfänglich war auch die GTZ (Gesellschaft für technischen Zusammenarbeitung; Consultant der deutschen Entwicklunsghilfe) involviert, nun jedoch übernimmt ein privates Unternehmen diese Aufgabe. Im ersten Moment hört sich die Initiative sehr viel versprechend an, denn sie soll die Wege und Lücken der Einnahmen des Staates aus dem Minenaktivitäten durchleuchten und evaluieren. Beim genaueren Hinsehen jedoch tauchen eine Menge Fragen auf.

Wenn man sich ein paar Minuten Zeit nimmt und sich mit der Einnahmenstruktur des Staates aus dem Minensektor beschäftigt, so wird einem diese durchaus sehr schnell transparent. Es ist öffentlich bekannt wodurch und wieviel der Staat von den Minenunternehmen einnimmt, dies lässt sich im Minerals und Mining Act anschaulich nachlesen. Die Frage die jedoch bleibt ist, was für eine Transparenz überhaupt geschaffen werden muss? Sicherlich mag es mit der Steuereintreibung durch den Staat und der Steuerzahlungsmoral der Unternehmen in Ghana nicht weit her sein, viel interessanter ist aber der Versuch nachzuvollziehen, welcher Anteil wirklich bei den Menschen verbleibt die von den Aktivitäten direkt betroffen sind.

Um Euch die komplette Aufschlüsselung zu ersparen, komme ich direkt auf den Punkt. Nicht weniger als 4,95% der Einnahmen aus Mineral Royalties stehen für Community Development zur Verfügung. Transparenter gesprochen bedeutet dies, knapp 5% von dem Anteil des Staats aus der Gewinnung von Rohstoffen durch die Unternehmen (3% der erzielten Erträge müssen an den Staat abgeführt werden) wird den einzelnen lokalen Verwaltungen zur Entwicklung des Dörfer bereitgestellt. In Zahlen gesprochen sind das von 21,5 Mio € Royalties pro Jahr (Quelle: Chamber of Mines), sage und schreibe 1,1 Mio €, die direkt an mehrere hundert betroffene Dörfer zurück fliessen sollen. Der Rest geht zum grössten Teil an den Staat (80%) und der verbleibende Teil an die Verwaltungsorgane von Staat, Chieftancy und lokalen Institutionen. Ich bezweifle das von dem stattlichen Anteil des Staates (welcher noch weitere Einkünfte aus Dividenen und Unternehmenssteuern zu verzeichnen hat) viel an die Communities und deren Bewohner zurück geht, denn der geringe Betrag von 1,1 Mio und der Blick in die Dörfer bestärkt mich in dieser Ansicht.

Leider befasst sich jedoch EITI nicht mit der Schaffung von Transparenz auf dieser Ebene.

Am Ende zeigt sich mir ein Bild, in dem der Staat seine Steuereintreibungen dringend forcieren muss (einige Steuern werden von den Unternehmen teilweise bis gar nicht bezahlt bzw. versickern sofort in fremden Taschen), aber was weitaus wichtiger ist, dass das primäre Problem nicht in der Höhe der Steuereinnahmen liegt sondern vielmehr an der Verteilung dieser.
Auf der anderen Seite ist es aber auch fragwürdig ob der Staat eine Transparenzinitiative in diese Richtung überhaupt zu lassen würde, denn immerhin würde er sich damit ganz klar in das eigene Fleisch schneiden. Es besteht somit ein Bedarf an inländischen, aufgeklärten und motivierten Menschen, die versuchen die verkrusteten und entwicklungshemmenden Strukturen aufzubrechen und zu verändern.

Um die Situation in Ghana abschliessend in zwei Sätzen zusammen zufassen, möchte ich die Beschreibung eines solchen Mannes wiedergeben und zwar des Anwaltes von WACAM. Ein Mensch der mich unglaublich imponiert, inspiriert und motiviert hat:
Ghana befindet sich an einem Punkt an dem sich seine Wirtschaft von einer traditionellen Wirtschaftsstruktur hin zu einer Modernen entwickelt. Was jedoch fehlt sind die Rahmenbedingungen, so das alle Menschen in diesem Land von der Entwicklung profitieren können.

Ich wünsche Ghana und all seinen Menschen das sie in der Zukunft auch diesen Wandel friedlich und zufriedenstellend vollziehen, denn auf diesem Land ruhen viele Erwartungen, ausgehend von den eigenen Menschen und denen des ganzen Kontinents.

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